Artists talk: Zu Gast bei Juliana Do

Wir waren zu Besuch bei unserer Dozentin Juliana Do. In ihrem wunderschönen Wiener Atelier erzählt sie von den Vorteilen einer klassischen künstlerischen Ausbildung, von ihrer Zeit an der Akademie, von gegenständlicher und abstrakter Kunst und davon, einen eigenen Weg zu gehen. Das Gespräch führte Anne Suttner.

Anne: Wenn ich deine Bilder betrachte, erinnern sie mich an Verwerfungen, Sedimentschichten, Niederschlag oder einen Wüstensturm. Wie naturverbunden bist du?
Juliana: Ich bin sehr naturverbunden - gerne würde ich mein Atelier in der Stadt verlassen und eines auf dem Land beziehen. Meine Inspirationsquelle ist die Natur: nach ihrem Vorbild generieren sich Formen und Farben.

A: Wie verlief deine künstlerische Entwicklung?
J: Ich habe meine Ausbildung in Bulgarien begonnen und wurde dort in allen Techniken der bildenden Kunst geschult. In der Oberschule für bildende Kunst in Plovdiv wurde ich fünf Jahre in gegenständlicher Kunst unterrichtet - in Grafik, Malerei und Bildhauerei. Mit zwanzig Jahren kam ich an die Akademie der bildenden Künste in Wien. Dort gab einem niemand eine Richtung vor oder verlangte etwas.
Ich merkte, dass meine Kollegen, die keine Ausbildung hatten wie ich, sich oft verloren fühlten. Manche wechselten die Klasse. Wieder andere suchten noch ihren Weg. Ich dagegen fühlte mich sehr wohl, weil ich eine technische Basis hatte, durch die ich mit der Freiheit an der Akademie umgehen und daher machen konnte, was ich wollte. Und da begann ich, Gegenständliches mit Abstraktem zu verbinden. Meine ersten Bilder waren aufgelöste Figuren in einer Struktur.

A: Auf deiner Website schreibst du, dass abstrakte und gegenständliche Malerei zwei Seiten derselben Medaille sind. Interessiert dich beides gleichermaßen?
J: Als ich das geschrieben habe, habe ich noch semiabstrakt gearbeitet. Die letzten vier Jahre hindurch habe ich nur abstrakte Bilder gemalt. Das kann sich aber jederzeit wieder ändern. Ich bin bei meiner Meinung geblieben: Ich finde, beide Seiten gleichen einander, es ändert sich nur der Blickwinkel des Betrachters.

Atelier Juliana Do

A: Du bearbeitest ja sehr große Formate - womit arbeitest du?
J: Ich verwende alles Mögliche. Jedes Werkzeug kann ich nutzen, also Pinsel, Spachtel, ein Holzbrett etc., und jedes hat einen speziellen Charakter.

A: Was ist das Besondere an deiner Kunst?
J: Als Schwerpunkt ist die Innovation der Farbe zu nennen, ich habe diese Technik erfunden. Ich komme zu Strukturen in der Malerei, die sonst nicht zu sehen sind.

A: Stichwort Präsentation: Wonach suchst du deine Plattformen aus?
J: Sie suchen mich aus. Bezüglich Galerien ist das wichtigste Kriterium die Qualität der repräsentierten Arbeiten, diese müssen professionell sein. Ein Vertrauensverhältnis zur Galerie ist auch wichtig: Wie funktioniert die Kommunikation, basiert die Beziehung auf gegenseitigem Respekt? Was für Verträge bietet sie an, was für Ansprüche stellt sie?

A: Was ist dir lieber: analog oder digital?
J: Sowohl als auch - beides hat Vorteile! Ich bin durch zwei physische und zwei online kuratierte Galerien vertreten.

A: Präsentierst du deine Arbeiten auch abseits von Galerien?
J: Ja, auf meiner Website und durch social media, also Facebook, Twitter und Instagram.

A: Themenwechsel. Mir ist Feminismus wichtig. Wie stehst du dazu und wie gelingt es dir, dich auf einem männerdominierten Kunstmarkt durchzusetzen?
J: Feminismus beschäftigt mir gar nicht. Ich sehe schon, dass wir in einer Männergesellschaft leben. Es entspricht aber nicht meiner Erfahrung, von Galerien aufgrund der Tatsache, dass ich eine Frau bin, abgelehnt zu werden. Die Gründe liegen woanders. Auch Galerien sind Trends unterworfen, wollen gewisse Themen sehen. Ich fühle mich stark, selbstständig und frei. Ich kann Kunst schaffen und mich durchsetzen, weil mein inneres Gemüt ausgeglichen und stabil ist. Ich kann mir alles selbst leisten - die Frauen vor hundert Jahren konnten das nicht, die Frauen vor fünfzig Jahren konnten das auch nicht - ich kann das sehr wohl!

A: Was kannst du tun, um andere Frauen zu fördern?
J: Ich bin der Meinung, dass niemand den anderen verändern kann. Du kannst niemandem etwas geben, wenn er das nicht will. Durch mein eigenes Beispiel bin ich anderen ein Vorbild, das ist alles, was ich machen kann. Wenn ich jemandem helfen kann, dann tu´ ich es. Jeder muss sich selber in die Gesellschaft einbringen und sich vernetzen, sonst werden wir unsere Ziele nicht erreichen. Das ist es, was unsere Gesellschaft jetzt lernt oder lernen muss: sich gegenseitig weiterzuhelfen.

A: Was interessiert dich am Unterrichten?
J: Ich kann zwar von meiner Kunst leben, es ist mir aber auch wichtig, mein Wissen weiterzugeben - aus diesem Grund unterrichte ich. Ich habe auch eine Ausbildung in bildnerischer Erziehung, habe aber nie an einer Schule unterrichtet, weil ich nicht eine Sprache auf zwanzig, dreißig Personen anwenden kann. Deswegen sehe ich mich nicht in der Lage, eine Schulklasse zu unterrichten. Gruppen zwischen fünf und zehn Personen, wie an der Zeichenfabrik, sind das Maximum, mit dem ich mich konfrontieren möchte. Ich suche für jede Person einen individuellen Zugang, damit ich das Nützlichste für jeden einzelnen herausfinde.

A: Verzichtest du auf etwas, um beruflich erfolgreich zu sein? Was wäre das?
J: Nein, ich habe auf nichts verzichtet. Ich habe alles, was ich brauche und ich bin alles, was ich sein will. Ich gehe keine Kompromisse ein - meine Priorität ist Kunst zu machen!

A: Danke für das Gespräch.


Mit leuchtenden Farben, starken, auch komplementären Farbkontrasten, hoher Farbmaterialpräsenz in großem Format dekliniert Juliana Do in der mehrteiligen, als ein langes zusammengesetztes Werk verstandenen Serie Spectrum das gesamte im Licht beheimatete Farbspektrum – kulminierend verdichtet, gleichsam als pars pro toto, in dem Werk „Essence“.
Als in Malerei übersetzte Farbforschung versteht die Künstlerin diese und andere ihrer Werke, die geprägt sind von dem Ansatz, aus der Abstraktion heraus zu dem Konkreten der Farbe zu finden. Darin hat sie eine Meisterschaft entwickelt, die noch dadurch gesteigert wird, dass sie aus Kombination von Materialien und deren spezifischem Auftrag auf dem Malgrund tiefenräumliche Wirkungen erzeugt, die optische Vibrationen zwischen- und dreidimensionalen Wahrnehmungen erzeugen. Mit dem Einfügen von Matallpartikeln und einem pixelartigen Farbauftrag gelingt es ihr in der aktuellen Werkfolge „Luminous“, Interferenzphänome zu erzeugen.
Dr. Konrad Scheurmann, zitiert aus: "GesprächsStoff Farbe: Beiträge aus Wissenschaft, Kunst und Gesellschaft"

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